Steuerlicher Missbrauch

Veröffentlicht auf von Coffra

Rechtsprechung zum LBO

 

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung des obersten Verwaltungsgerichtes („Conseil d’Etat“) vom 27. Januar 2011 zugrunde: Die geschäftsführenden Gesellschafter eines IT-Unternehmens gründeten eine gemeinsame Finanzholding. Nachdem sie bei der IT-Gesellschaft eine Kapitalerhöhung durch Umwandlung der bestehenden Reserven durchgeführt hatten, veräußerten sie ihre Anteile an die Holding. Die Bezahlung des Kaufpreises erfolgte hälftig durch mehrere Dividendenausschüttungen der IT Tochter und durch Aufnahme eines Bankdarlehens, das durch die Verpfändung der Anteile abgesichert worden war.

Die Finanzverwaltung erblickte in der vorliegenden Rechtsstruktur einen steuerlichen Missbrauchstatbestand. Nach ihrer Auffassung hätte die „Konstruktion“ die indirekte Ausschüttung der Gewinne der „IT-Gesellschaft“ zu einem niedrigeren Satz an ihre Gesellschafter über die Holding ermöglicht. Alleiniges Ziel des obigen Vorganges wäre die Erreichung einer niedrigeren Steuerbelastung gewesen. Die hierzu gegründete Holding hätte keinerlei wirtschaftliche Substanz gehabt und sei ein Hilfsmittel für eine reine „Steuermontage“ gewesen.

Das oberste Steuergericht verwarf die Ansicht der Vorinstanz. Danach konnte seiner Meinung nach der Beweis nicht erbracht werden, dass es sich um ein künstliches Gebilde ohne jeglichen ökonomischen Hintergrund gehandelt habe. Das Urteil des „Conseil d’Etat“ ist von großer Tragweite für die steuerliche Behandlung von LBOs: Die Gründung einer reinen Beteiligungsholding kann danach nicht automatisch als eine „ künstliche Steuerkonstruktion“ angesehen werden. Das Gericht wiederholt in seinen Urteilsausführungen mehrmals, dass es dem Steuerpflichtigen nicht verboten sei, für seine wirtschaftliche Betätigung den juristischen Rahmen mit den günstigsten steuerlichen Folgen zu wählen. Dabei kommt es jedoch laut Gericht entscheidend auch auf die Tatumstände an: So stellt eine schnelle Fusion zwischen Holding und Beteiligungsgesellschaft, die kurz zuvor durch hohe Bankkredite erworben wurde und der kein industrielles Konzept zugrunde liegt, einen steuerlichen Missbrauchstatbestand dar.

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